aus dem Zollern-Alb-Kurier vom 16. Oktober 2002:
JUBILÄUM
/ Heute Goldhochzeit im Hause von Else und Willi Seemann
Kirche und Kommune gedient
Wie schon vor 50 Jahren, so werden auch heute wieder Else
und Willi Seemann zum Fest ihrer Goldhochzeit im Täbinger Löwen, dem
Elternhaus der Jubelbraut, viele Verwandte und Freunde um sich scharen.
Foto. Hannelore Kaiser
Unzählige Male haben Else und Willi Seemann als Mesnerin
und Kirchenpfleger selbst die Glocken der Täbinger Kirche geläutet.
Am heutigen Mittwoch werden die "Hochzeitsglocken" eigens für
das goldene Jubelpaar zum festlichen Gottesdienst rufen. Genau so wie vor 50
Jahren, als sich die beiden gebürtigen Täbinger vor dem Traualtar
das Ja-Wort gaben.
TÄBINGEN Vieles hat sich in diesen gemeinsamen 50 Jahren für
das Brautpaar von 1952 ereignet. Damals hatte Willi Seemann gerade seinen Meisterbrief
als Damen- und Herrenschneider in der Tasche. In der Löwenstraße
bezog das junge Brautpaar nach gelungenem Umbau ein Eigenheim. Dort machte sich
der junge Schneidermeister bald selbstständig. Ehefrau Eise wurde derweil
in der Werkstatt und im Geschäft. schnell eine unentbehrliche Hilfe.
Als der konfektionierte Anzug dem maßgeschneiderten immer mehr den Rang
ablief, legte Willi Seemann Faden und Nadel beiseite und wechselte 1973 in die
Geislinger Textilfirma Habfast & Strobel, wo er bis zum Versandleiter avancierte.
Der berufliche Erfolg war aber nur die eine Seite des heute 75-Iährigen,
der schon mit 17 Jahren von der Schule weg eingezogen und wenig später
in Ungarn von Granatsplittern getroffen wurde. Die Folgen der schweren Kriegsverletzung
sollten fortan sein Gehen beeinträchtigen,
Sie hinderten ihn aber nicht daran, sich in vielfältiger Weise immer wieder
für seine Mitbürger uneigennützig einzusetzen. Sei es 50 Jahre
lang als erster Vorsitzender und Motor der örtlichen VdK-Ortsgruppe, als
Vorsitzender des Täbinger Männergesangvereins (32! Jahre lang), als
Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenbank Täbingen (18 Jahre lang), als
Gemeinde- und Ortschaftsrat von 1958 bis 1982, als Kirchenpfleger von 1957 bis
2001 oder als Mitglied der Synode und des Kirchenbezirksausschusses, Balingen.
Unentbehrlich aber wurden für viele Mitbürger das reiche Wissen, der
väterliche Rat und der unermüdliche Fleiß des Willi Seemanns,
als dieser 1987 das Amt des Ortsvorstehers übernahm. Das Bundesverdienstkreuz
ist nur eine von vielen Auszeichnungen und Urkunden, die das beispielhafte Wirken
dieses Mannes dokumentieren.
Dessen Platz war aber nicht nur an der Nähmaschine, hinter den Kirchenbüchern
und auf dem Chefsessel des Rathauses. Auch hinter dem Tresen des "Löwen"
war Willi Seemann, der selbst keine Kinder hat, um das Wohl
vieler Mitmenschen besorgt. Dies an dieser Stelle aber unter der Regie seiner
Frau und deren zwei Schwestern,
Lore Sautter und Rösl Völkle.
Von ihren Eltern, Wilhelm und Rosa Wille, hatten die drei Wille-Töchter
das Traditionsgasthaus geerbt und viele Jahre gemeinsam betrieben. "Das
hat hundertprozentig funktioniert", bekräftigt Willi Seemann und erinnert
sich gleichzeitig an die erste bewusste Begegnung mit seiner späteren Ehefrau.
Als Wirtstochter hatte Else Wille in den Nachkriegsjahren gelegentlich bei Hochzeiten
und größeren Festen im benachbarten Leidringen ausgeholfen, "Da
wurde es oh sehr spät." So spät, dass Willi Seemann für
die Täbingerin mit seinem Motorrad den Taxidienst übernehmen musste.
"Dabei kamen wir uns eben näher", lacht der "Taxifahrer"
von damals.
Heute ist es natürlich das Auto, mit dem die Seemanns in jüngster
Zeit immer wieder zu kleineren und größeren Ausflügen starten.
Denn seit die Eheleute in den letzten Jahren nach und nach viele Aufgaben und
sämtliche Ehrenämter abgegeben haben, sind sie begeisterte Ruheständler
- und: "Das genießen wir!"
von Hannelore Kaiser