aus dem Zollern-Alb-Kurier vom 29. Januar 2003:
GEDANKEN
/ Zuhörer in Täbingen fasziniert
Nicht kuschen, sondern bekennen
„Suchet der Stadt Bestes!" Ob mit diesem Thema wohl Schuldekan
A. Winkler in Täbingen das Interesse wecken kann? Um es gleich zu sagen:
Er konnte, denn das Gemeindehaus war bis auf den letzten Platz belegt.
TÄBINGEN • Mit dem klar gegliederten Vortrag wurde die christliche
Verantwortung in Staat, Politik und Gesellschaft aufgezeigt. Um die gegenwärtigen
Verhältnisse zu verstehen sei es hilfreich, aus der Vergangenheit zu lernen,
erklärte der Redner. H. Winkler und griff weit zurück in die geschichtliche
Entwicklung des Volkes Israel. Das Königtum hatte von Gott klare Ausweisung
zur Führung des Volkes. Ein beredtes Vorbild ist in Psalm 72 aufgeschrieben:
„Gott gib dein Gericht dem König, dass er dein Volk richte mit Gerechtigkeit
und deine Elenden rette", führte Winkler auf.
„Schändlich wurden die klaren Anweisungen von den folgenden Königen
missachtet", nannte er die Folgen. Amos musste die Verfehlungen anprangern:
Arbeiten in die eigene Tasche und Vorsorge nur für die eigene Familie,
Bestechungen von Richtern, Korruption, Vetternwirtschaft, listete Winkler auf.
Hier verstand es der Redner den Bogen zu den heutigen Verhältnissen zu
schlagen, die ja an diesen „Verhaltensweisen" immer noch kranken.
Es gelang ihm, damit auch die Aktualität der Bibel in der heutigen Zeit
zu belegen.
„Die geschichtliche Entwicklung der Kirche hatte großen Einfluss
auf die Denkweise des Volkes, die Auseinandersetzung zwischen Kaisertum und
Papsttum und der Machtmissbrauch des letzteren führte letztlich zur Reformation",
lautete Winklers Schlussfolgerung.
Die Auswirkungen des landesherrlichen Summepiskopat seien bis heute in unserem
Land zu beobachten: Die Religion der Fürsten seien auch den Untertanen
„aufgedrückt" worden. „Die Situation der Gegenwart ist
davon gekennzeichnet, dass die Christen immer weniger Einfluss in Politik und
Gesellschaft haben", spannte Winkler den Bogen zur heutigen Zeit. Obwohl
im Grundgesetz verankert, gebe es Schwierigkeiten, den Religionsunterricht mit
ausgebildeten Reli-Lehrern voll durchzuführen und zu bezahlen," wies
er auf diesen Missstand hin.
Wert legte der Referent auf die Feststellung, dass die Werte des christlichen
Glaubens jungen und alten Christen voll bewusst sein sollten. Nur dann sei eine
Auseinandersetzung mit Muslimen oder anderen Religionen möglich. Sein Rat
für alle bekennenden Christen: „Nicht kuschen, sondern bekennen."
Denn nur diese Einstellung führe zu klaren Verhältnissen."
Die vielen Fragen aus dem Zuhörerkreis konnten noch manche offenen Fragen
klären, mussten aber wegen der fortgeschrittenen Zeit dann abgebrochen
werden.
von Wilhelm Huonker