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aus dem Zollern-Alb-Kurier vom 18. Juni 2003:

Archäologie / Sensationelle Entdeckung bei Aushubarbeiten auf Feld
Scherben aus Bronzezeit
Hobby-Archäologe Willi Schübel macht einen spektakulären Fund


An dieser Baustelle für einen Bewässerungsteich zwischen Rosenfeld und Leidringen fand der ehrenamtlich tätige Archäologe Willi Schübel diese Keramikscherben (s.u.) als Beweisstücke für eine Siedlung aus der mittleren Bronzezeit.
Foto: Hannelore Kaiser

"Hier hat bestimmt noch kein Mensch je gegraben", war sich Karl Mayer ganz sicher, als er vor wenigen Wochen nahe seiner Gärtnerei mit dem Bau eines Bewässerungsteiches begann. Doch der Gärtnermeister irrte.

18.06.2003

Schon vor mehr als 3000 Jahren haben Menschen just auf diesem Feld zwischen Leidringen und Rosenfeld ihr Haus gebaut. Als Beweis dessen machte der Täbinger Willi Schübel einen "sensationellen Fund". Der Baufacharbeiter Willi Schübel betätigt sich seit acht Jahren in seiner Freizeit als ehrenamtlicher Beauftragter des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg für Bodenärchaologie. Auf jede Erdbewegung - sofern er darüber informiert ist - hat er ein Auge zu werfen. So auch in der vergangenen Woche auf den Wegebau im Zuge der Flurbereinigung Bickelsberg/Brittheim. "Nichts Auffälliges", trug er in sein dickes Arbeitsbuch 2003 unter Baustelle Nr. 22 ein. Auf der Heimfahrt dann stieß er rein zufällig auf eine ihm bis dahin unbekannte Baustelle im Gewann Stegwiesen: Ein Folienteich für 3600 Kubikmeter Wasser, gespeist aus einem Entwässerungsgraben, zur Bewässerung von sieben Hektar Freiland der nahen Gärtnerei.

Weiteres Gießwasser bezieht der angrenzende Gartenbaubetrieb aus zwei 50 Meter entfernten Quellen. Aus diesen bezogen die Leidringer vor dem Wasserleitungsbau, wie sich Ältere noch erinnern, über Holzdeicheln ihr Trinkwasser.

"Wo Wasser ist, siedelten einst auch die Menschen", weiß auch der Hobbyarchäologe Willi Schübel. Nach entsprechenden Beweisen brauchte er auch an der Grabungsstelle Stegwiesen nicht lange zu suchen. Zweieinhalb Meter unter der Humusschicht sprang es dem Experten buchstäblich ins Auge: dunkle Stellen im Erdreich. Für ihn ein fast sicherer Hinweis auf uralte Abfallgruben. Bei näherer Untersuchung bestätigten hunderte von Keramikscherben verschiedener Größen und tierische Knochen seine Vermutung. An anderer Stelle kamen zudem verziegelte Erde und Holzkohle als untrügliche Zeichen einer einstigen Herdstelle zu Tage. Die schwarz-roten und -grauen Keramikscherben, von denen einige Riefen oder eine Abschlusskante zeigen, datieren Willi Schübel und Mitarbeiter des Landesdenkmalamtes aus der Mittleren Bronzezeit, so zwischen 1500 bis 1300 Jahre v. Chr.

Menschen jener Zeit bauten Abfallgruben unmittelbar neben ihrem Haus. Von dem, oder möglicherweise den (Block)Häusern, die zu den gefundenen "Müll-Spuren" gehörten, war verständlicherweise nichts mehr zu finden. "Wahrscheinlich auch nur ein kleiner Weiler", wie Willi Schübel die auf dem Kleinen Heuberg erste gefundene Siedlungsstelle aus der mittleren Bronzezeit einschätzt.

Auf der Anhöhe der Stegwiesen-Quellen, von wo aus der Blick weit über das Land bis hin zur Alb mit Hohenzollern reicht, fand der Täbinger Hobbyarchäologe in den vergangenen Tagen noch weitere Reste einer frühen Besiedelung. Unter anderem Hinweise auf eine so genannte Abschlagstelle aus der Jungeisenzeit, einer Werkstatt zur Bearbeitung von Feuersteinen, sowie Scherben römischer Gebrauchskeramik.

Was aber geschieht jetzt mit den Funden? Noch in dieser Woche muss der "Finder" sie dem Landesdenkmalamt Tübingen überlassen. Dort übrigens willkommene Studienobjekte für eine Studentengruppe, die sich gerade mit Zeugnissen der Bronzezeit befasst. "In Rosenfeld fehlt leider ein entsprechendes Museum zur Aufbewahrung solcher Fundstücke", bedauert Willi Schübel, dass keines seiner bisher schon gefundenen wertvollen Geschichtszeugnisse öffentlich im Fundbereich gezeigt werden kann.

Zu sehen sind aber auch keine Siedlungszeugnisse mehr im Grabungsgebiet Stegwiesen. Ab heute deckt eine stabile Folie die 30x30x4-Meter große Grube ab, die in den kommenden Wochen sich mit Wasser füllen und im Uferbereich bepflanzt und eingezäunt wird.

von Hannelore Kaiser